Liebe Paten, Spender und Freunde von Wiehl-hilft,
Ihr könnt Euch sicherlich an Mardochet erinnern, dem wir unter wirklich abenteuerlichen Umständen die Operation seiner zwei gebrochen Beine ermöglichten. Er war jetzt soweit wieder hergestellt, dass er mit einer Krücke laufen konnte.
Leider hat unser Projektleiter, Israel Lofalanga, Mardochet alleine in seiner Unterkunft aufgefunden und musste ihn schnellstens In die Krankenstation von Schwester Djurmina bringen, die mit uns eine Kindertafel betreibt. Wir baten Israel, Euch die Geschichte von Mardochet selber zu schildern.
Liebe Kerstin,
Ich beginne die e-mail, um Ihnen zu sagen, dass ich wirklich peinlich berührt bin diese Information als Afrikaner weiterzugeben.
Ich bin selber ein Elternteil und es ist ein großer Schock für mich diese Ereignisse zu erleben. Seit letzter Woche haben wir begonnen, die Verhandlungen mit der Mutter von Mardochet über die Gesundheit ihres Sohnes zu führen.
Vor 15 Tagen haben wir zwei große entzündliche Stellen an den Beinen des Jungen gefunden.
Der Junge war alleine zu Hause, als wir ihn fanden. Wir brachten ihn sofort zur Krankenstation von Schweste Djurmina. Dort wurde er auf Kosten von OKI (OKI – Wiehl-hilft im Kongo) behandelt und versorgt. Der Arzt meinte, es wäre eine Knochenentzündung und er müsse sofort in ein Krankenhaus, welches auf diese Fälle spezialisiert ist. Nachdem wir uns mit Euch abgesprochen hatten, wegen der Kostenübernahme, sprachen wir mit der Mutter von Mardochet. Die Mutter versuchte uns glaubend zu machen, dass die Familie des Vaters dies nicht wolle. (in der afrikanischen Soziologie besteht die Familie nicht nur aus Vater, Mutter und Kindern, sondern aus Tanten, Onkel, Cousins etc. Die Macht des Vaters ist ungleich größer als die der Mutter, das fällt auch der Familie des Vaters zu, auch wenn dieser bereits verstorben ist wie hier bei Mardochet.
Ein Beispiel: Wenn der Vater stirbt bekommen die Schwester und Brüder des Vaters das Erbe und nicht seine Frau mit den Kindern. Frau und Kinder werden verlassen, sie stehen ohne etwas da. Das ist Tradition, obwohl das Gesetz vorsieht, dass die Kinder ¾ erben. Es traut sich niemand sein Recht einzufordern weil sie Angst haben, von der Familie väterlicherseits verflucht zu werden.) Wir haben festgestellt, dass Mardochet auch nicht mehr in dem Haus lebt, welches der Vater der Familie hinterließ. Ich denke ihnen ist das Gleiche wiederfahren.
(Anmerkung von Kerstin: „Aus diesem Grund hat Israel der Mutter, wie im nachfolgenden Text geschildert, geglaubt“)
Am Sonntag sagte die Mutter, sie wolle die Familie des Vaters sprechen um Missverständnissen vorzubeugen. Wir entschieden uns, uns am Mittwoch zu treffen um Mardochet dann ins Krankenhaus bringen zu können. Ich war da, allerdings keine Spur von der Mutter. Ich habe bis 12.00 Uhr gewartet. Am Donnerstag bin ich wieder hin und traf dann die Mutter. Ich sagte ihr, dass wir die Bezahlung fürs Krankenhaus übernehmen und auch die Kosten einer Person um Mardochet zu verpflegen.
Sie sagte darauf hin, dass sie keine Zeit hätte. Erst nach dem 10. August, sie müsse ja das Kind begleiten. Ich schlug vor ein anderes Familienmitglied zu bezahlen um ihn zu begleiten. Das wollte sie selber machen und sagte ohne Angabe eines Datum, sie würde sich darum kümmern. Ich spürte, dass es nicht funktioniert. Morgen gehe ich wieder hin und versuche es weiter. Wenn es nicht anders geht spreche ich mit dem Pastor, damit wir eine schnelle Lösung finden und ich wieder beruhigt sein kann.
(Anmerkung Kerstin: „Die Familie hat Mardochet aufgegeben, er hatte unglaublichen Hunger und bekommt von Israel immer etwas zugesteckt, aber mit Gewalt können wir ich nicht da heraus holen, dann bringen wir alle in Gefahr, hoffen wir, dass es funktioniert“)
Herzlichen Dank an alle Spender und Freunde.
Ich hoffe wir werden Mardochet am 30.08. treffen, wenn wir in Kinshasa sind und es ist noch nicht zu spät.
Dieses machtlose Gefühl ist einfach schrecklich.
Herzliche Grüße von Israel und dem Wiehl-hilft Team
Eure Kerstin